Die Kirche in Wiederstein :

In kirchlicher Hinsicht hat Wiederstein bis zum Jahre 1915 zum Kirchspiel Burbach
gehört. Noch bis zu diesem Jahre mussten die Wiedersteiner Einwohner die Burbacher Kirche und die Konfirmanden den Konfirmandenunterricht in Burbach besuchen. Der alte Kirchweg vor 1850, von Zeppenfeld (Hohle) kommend, führte durch das Langeholz und den Scheidwald an Wahlbach vorbei nach Burbach. Ebenso wurden bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auch alle Toten der einzelnen Kirchspielgemeinden in Burbach auf dem Friedhof an der Kirche beigesetzt. Der Sarg mit dem Toten wurde
auf einem Karren mit zwei mannshohen Rädern über diesen alten Kirchweg, auch Totenhohle genannt, nach Burbach befördert. Zu den verschiedensten Jahreszeiten, bei
Wind und Wetter, bei Schnee und Kälte, war in alten Zeiten der Weg nach Burbach ein
beschwerliches Unternehmen, insbesondere für Alte und Kinder.

Im Landesarchiv NRW findet sich dazu folgende Eingabe der Gemeinde Wiederstein :

 

Beiderseits Hochverordneten Consistorium ist es hinlänglich
bekannt, daß hiesige Gemeinde zum Kirchspiel Burbach
gehört, und ihre Todten auf den Kirchspiels Kirchhof
zu Burbach begraben muß. Eine Beschwerde, die
im Winter hauptsächlich gefühlt wird, wo man bey
schlechtem Wetter, bey fast unüberwindlichen Schnee oder
starkem Wasser kaum weiß, wie man den über
eine starke Stunde anhaltenden ohnedem verdrüßlichen
Weg mit dem Todten und sich selbsten durchkommen soll.
In dieser Rücksicht, und weil der Burbacher Kirchhof
ohnedem zu klein ist, hat sich die Gemeinde entschlossen,
einen eignen Kirchhof auf von ihr erkauft
werdenden aldann eignem Gut anzulegen,
machet sich aber dabey zugleich anheischig  gerade
so gut, als wenn sie ihre Todten auf den Kirchspiels
Kirchhof begrüben, alle davon gewöhnliche
Lasten zu erfüllen, kurz die nemliche Bedingungen
einzugehen, welche die Gemeinde Zeppenfeld
ebenfalls versprochen, nur würde
alsdann bey hiesiger Gemeinde der von dem
Gut, worauf der Zeppenfelder Kirchhof gemacht
worden, herrührende Erbzins wegfallen,
weil sie freyes Gut erkaufen würde.
Da diese Sache nun gar keiner Bedenklichkeit unterworfen,
und man von Seiten Hoher Obrigkeit
aus diesen Niemand nachtheiligen Vortheil
gerne gönnen kan; So lebet die Gemeinde
auch der zuversichtlich unterthänigen Hofnung,
sich bald einer gewährigen Hohen Resolution
erfreuen zu können, wenn wir in tiefem
Respect beiderseits Hochverordnete Consistorien
um die gnädige Erlaubnis, einen eignen
Kirchhof anlegen zu dürfen, anflehen.
Worüber p.
 

 

Nachdem die Nachbargemeinde Zeppenfeld, auch zum Kirchspiel Burbach gehörend, im Jahre 1774 einen eigenen Friedhof anlegen durfte, weil sich inzwischen die Begräbnisstätte um die Burbacher Kirche als zu klein erwies, gestattete das Konsistorium zu Dillenburg im Jahre 1787 auch der Gemeinde Wiederstein einen eigenen Friedhof anzulegen. Allerdings stellte die Kirchengemeinde zur Bedingung, dass auch weiterhin dem 2. Pfarrer in Burbach das Läutegeld bezahlt würde und dem 1. Pfarrer „bei vorfallenden Begräbnisacta für ihren Gang 1 Gulden“ zu bezahlen sei. Ebenso wurden die Gemeinden, die einen eigenen Kirchhof bekamen, zur Zahlung der Unkosten für die Instandhaltung der Kirchhofsmauern
in Burbach angehalten.

Dazu findet sich im Landesarchiv Münster folgendes Dokument ...

... dessen Inhalt wie folgt lautet :

 

 

pr. 23. Xbr.1 1786

 

Unsre bereitwillige Dienste zuvor

 

Hochedle, Hochehrwürdige, Vest und

 

Hochgelehrte, insonders Hochgeehrte Herren

 

und benachbarte Freunde !

 

Wir finden bei der - der Gemeinde Wieder-

 

stein zu erteilenden Erlaubnis zur Errichtung

 

eines eignen Kirchhofs gleichfalls kein Beden-

 

ken, haben also dem gemäs ein behufiges

 

Dekret entwerfen lassen, welches wir zum

 

gefälligen Mitvollzug und Abgabe an die

 

Supplicanten beischließen und zugleich commu-

 

nicata remittiren2.

 

Wir überlassen denenselben, wie

 

zugleich der zeitige Ehrn Pfarrer Otterbein

 

hierüber instruirt werden wolle, und

 

schließen mit der Versicherung, daß wir

 

zu allen Dienstgefälligkeiten denenselben

 

stets bereit verbleiben. Hachenburg

 

den 11ten Dezember 1786.

 

Burggräfl. zu Kirchberg Sainische zum Con-

 

sistorio verordnete Direktor, Räthe

 

und Assessoren.

 

gez. von Beust

 

 

1 xbris = Dezember

 

2 zurücksenden

 

 

 

Die drei Wiedersteiner Friedhöfe:


Der erste Wiedersteiner Friedhof lag inmitten des Dorfes und war von 1787 bis 1818
in Betrieb.Die Beisetzung der Verstorbenen soll im Bereich der heutigen Bahnlinie auf
Bollersch un Schnäirersch Hof erfolgt sein (oberhalb von Haus Schütz, Ecke Mischenbach-/
Langenholzstraße). Nach einer anderen alten Aufzeichnung soll der erste Friedhof,
Schnäirersch Kirchhof genannt, bei Haus Nr.1 (Haus Teuke), auf einem von dem
Gemeindebürger Beel gekauften Grundstück gelegen haben.Dieses Grundstück erwies
sich jedoch in der Folgezeit als zu nass. Aufgrund einer Anordnung der Herzoglich Nassauischen Landesregierung vom März 1816 wurde die Bürgermeisterei Neunkirchen
am 16. August 1817 vom Landrat in Siegen aufgefordert, den „Kirchhof” in Wiederstein
aus der Ortsmitte sofort an einen schicklichen Platz außerhalb des Ortes zu verlegen.

Der zweite Wiedersteiner Friedhof (alter Friedhof) im Norden, im Anfangsbereich des Luisenpfades unterhalb vom Ehrenmal gelegen, wurde im Jahr 1818 angelegt und von Pfarrer Dapping am 21. August geweiht. Der alte Friedhof ist bis Anfang des Jahres 1887 in Benutzung gewesen, 419 Wiedersteiner fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Das Grab von Lehrer Heinrich Jung (gestorben 1884), der die Schulchronik des Dorfes verfasste, ist noch als Zeuge aus dieser Zeit erhalten. Der dritte und derzeitige Friedhof wurde am 16. März 1887 eingeweiht. Anlässlich einer Beerdigung an diesem Tag wurde von dem alten Friedhof feierlich Abschied genommen. Ein großer Leichenzug bewegte sich zunächst zu dem alten Friedhof, wo Pfarrer Rilke aus Burbach die Abschiedsrede hielt. Bei dem „Amen” fiel die Schuljugend mit dem Liede ein „Unser Ausgang segne Gott!” Hierauf sprach Pfarrer Rilke den letzten Segen für die in den Gräbern Ruhenden: „Ruhet in Frieden, ihr Entschlafenen des Herrn. Der Herr, vor dem ihr lebet, segne euch und behüte euch.“ Nach dieser eindrucksvollen Feier bewegte sich der Leichenzug zu dem neuen Friedhof, wo dann auch dessen Einweihung vorgenommen wurde. Pfarrer Rilke legte seiner Weihrede das Wort Offenbarung XIV, Vers 13 zu Grunde. (aus: Der Wiedersteiner Friedhof in alter und neuer Zeit von Emil Meier, aus der Hellertaler Zeitung vom 14.12.1963)

 

Kurz nach Einführung der Reformation im Burbacher Kirchspiel wurde auch gegen
Ende des 16. Jahrhunderts die Burbacher Kirchspielsschule gegründet. Alle Kinder des
Kirchspiels, auch diejenigen aus den entlegendsten Filialdörfern, mussten die Kirchspielsschule besuchen. So auch die Kinder von Wiederstein, welches ca. 5 km von Burbach entfernt lag. Eine solche Forderung würde heute nicht mehr möglich sein. Der Weg am Langenholz vorbei durch den Scheidwald war schlecht, einsam und sumpfig, manches Stück ein tief ausgefahrener Hohlweg. Der Schulbesuch aus den weit weg liegenden Dörfern war nur sehr gering, einmal wegen der schlechten Wegeverhältnisse, zum andern aber auch im Hinblick auf die Zeitverhältnisse und unsicheren Zeiten. Wir dürfen auf keinen Fall annehmen, dass der Wechsel von einer Glaubenslehre zur andern, sich so glänzend vollzog. Im Volke war Missstimmung. Die Reformation hat viel Leid und Tränen mit sich gebracht, denn die neue Glaubenslehre wurde vom Landesherrn befohlen und jeder hatte sich zu fügen. Die Zeiten waren schwer. Missernten und Hungersnöte ließen oft größte Armut unter unsern Vorfahren walten. Unheimlich und schrecklich lag auch über unserm Lande das Unwesen des Hexenwahnsinns und Aberglaubens. Im nassauischen Gebiet von Dillenburg bis in den Freien Grund sind allein in der Zeit von 1600 bis 1680 rund 200 Personen, darunter 183 Frauen und 27 Männer wegen Zauberei hingerichtet worden (Dillenburger Chronik). Verheerende Seuchen wie Pest, rote Ruhr und Pocken verbreiteten sich wie ein Gespenst über das arme Land. Im Burbacher Kirchspiel wütete die Pest u. a. im Jahre 1577, wo auch der Burbacher Pfarrer Antonius Weintz ihr Opfer wurde. Kurzum, der
Besuch der neu gegründeten Kirchspielsschulen war mangelhaft. Deshalb wurde nach
und nach den weiter entfernt liegenden Filialdörfern gestattet, einen eigenen Schulmeister
zu halten. Um 1630 sollen alle Dörfer im Kirchspiel Burbach eigene Schulen
besessen haben. Der Unterricht wurde anfangs noch in Privathäusern abgehalten. Die
Schulhäuser wurden viel später gebaut.